Am 29 April 2002 fand ein angenehmes
Gespräch mit Frau Ilonka Nagy, der ehemaligen
Sekretärin von Herrn Patyánszky, statt. Frau Ilonka
ist 1911 geboren, lebt in Busiasch und zählt heute zu den
wenigen die die Anfangszeiten der „Kleinen Bahn“
erlebt hatten.
V. Ivãnescu: Wie lange waren
Sie Patyánszky’s Sekretärin?
I. Nagy: Ich war erst 20 Jahre alt als
mich Herr Patyánszky, im Jahre 1931 in seinem Betrieb als
Sekretärin einstellte. Da war ich 10 Jahre lang
beschäftigt.
V. Ivãnescu: Was wissen Sie über
Jakob Muschong?
I. Nagy: Muschong war deutscher Abstammung
und Besitzer des Kur- und Heilbadbetriebes bis zu seinem Tod.
Das Bild zeigt Herrn
Elemér Patyánszky (*1896 †1973) neben seinem Buick, vermutlich irgendwo |
V. Ivãnescu:
Wie viele Kinder hatte Muschong?
I. Nagy: Muschong hatte drei
Töchter und einen Sohn namens Jakob, der leider sehr jung
verstorben ist. Katharina war die Ehefrau von Herrn
Patyánszky, der damalige Betriebsleiter und Erbe des Kur-
und Heilbadbetriebes. Margarethe war die Ehefrau von Herrn Szladek, der
Direktor der Lugoscher Ziegelfabrik (auch Eigentum von Muschong) und
die dritte Tochter (Vorname unbekannt) lebte in Budapest, verheiratet
mit einem ungarischen Offizier.
Das Bild zeigt Frau Ilonka
(Mitte) und ihre Freunde, im Hofe der Ziegelfabrik bei
Sântimbru
- Sammlung Ilonka Nagy - |
V. Ivãnescu:
Was sind das für Kleinwägen auf dem Bild?
I. Nagy: Diese Kleinwägen wurden
für den innerbetrieblichen Transport in der Ziegelfabrik
benutzt. Die gleichen Wägen beschaffte Muschong auch
für die Ziegelfabrik in Lugosch, wie auch für das
Kur- und Heilbad Busiasch. Zwischen Phönix Bad und Fabrik
befuhren sie eine Schmalspur Strecke.
V. Ivãnescu: Erinnern Sie sich noch an die
Gründung der „Kleinen Bahn“?
I. Nagy: Ich bin der Meinung dass die
„Kleine Bahn“, ein paar Jahre vor der
Ergänzung der Wandelbahn gegründet wurde, also noch
vor 1936.
V. Ivãnescu: Sind Ihnen
vielleicht irgendwelche Ereignisse in Verbindung mit der
„Kleinen Bahn“ bekannt?
I. Nagy: Oh Ja! Der Lokführer der
„Etelka“ Petru Lazãr, hatte des
öfteren das Bedürfnis Herrn Patyánszky zu
verärgern. Als Bad Busiasch von einer Überschwemmung
so hart getroffen wurde, dass sogar die Badegäste aus dem
Kursalon mit Pferdewägen evakuiert werden mussten, da hat
Lazãr den Herrn Patyánszky am stärksten
verärgert. Er hat die ganze Garnitur durch das Hochwasser bis
in den Kurpark gebracht, anstatt den Zug am Busiascher Bahnhof stehen
zu lassen. Das Wasser stand schon bis zu den Achsen der Dampflok
„Etelka“. Patyánszky wurde so
wütend, dass er Lazãr sofort entlassen hatte.
V. Ivãnescu: Was ist nach der
Nationalisierung aus dem ganzen Bahnpersonal
geworden?
I. Nagy: Die „Kleine
Bahn“ wurde von der Rumänischen Staatsbahn CFR
übernommen und das ganze Bahnpersonal wurde entlassen. Die CFR
hatte dann eigene Mitarbeiter eingestellt.
Kommentar zum Interview:
Kleinwägen wie der mit dem Stahlrahmen, rechts im Bild auf
Seite 50, wurden noch bis in die 70’ er Jahre auf der
Decauville - Strecke (Schmalspurstrecke) in der alten
„Apemin“ als innerbetriebliche Transportmittel
eingesetzt.
Interview mit Herrn Ioan
Lazãr
von Valentin Ivãnescu
Am 10. April 2002 fand ein Gespräch mit
dem Sohn des ehemaligen Etelka Lockführers statt. Der alte
Mann war sehr gastfreundlich, entgegenkommend und gerade sympathisch.
Ioan Lazãr muss heute ca. 78 Jahre alt sein und lebt in
Bakowa.
Petru Lazãr, der Vater von Ioan
Lazãr war der erste Lokführer der
überhaupt in Busiasch auf der Lok „Etelka“
Dienst leistete.
V. Ivãnescu: Wo und wann hatte
ihr Vater Kontakt zu Jakob Muschong?
Ioan Lazãr: Mein Vater lebte
1923 in Karansebesch (rumänisch Caransebes) und war von Beruf
Förster und Holzhändler bei Grãniceri. Als
Muschong in Lugosch (rumänisch Lugoj) einen Lokführer
für seine Lok suchte, meldete sich mein Vater um diesen Posten
zu bekommen.
V. Ivãnescu: Was für
Kenntnisse hate Muschong von ihrem Vater verlangt?
Ioan Lazãr: Mein Vater musste
seine Fähigkeiten als Mechaniker unter Beweis stellen. Dazu
hatte er bestimmte Komponenten der Lok „Etelka“
(Dampfmaschine, Treibstangen, Armaturen u.a.) komplett zerlegen
müssen und anschließend wieder zusammenbauen. Dies
war genau das, was mein Vater gut konnte. Eine Ausbildung als
Lokführer hatte er nicht.
V. Ivãnescu: Befand sich denn
„Etelka“ in Lugosch?
Ioan Lazãr: Während
der Probearbeit, ja. Ich kann aber nicht sagen, ob Muschong die Lok nur
für die Suche eines geeigneten Lokführers nach
Lugosch bringen ließ, oder ob sie dort ständig im
Einsatz war.
V. Ivãnescu: Wann kam ihr Vater
nach Busiasch?
Ioan Lazãr: Mein Vater zog im
Monat April des Jahres 1923 nach Busiasch. Hierzu gibt es
überhaupt keinen Zweifel! Er begann auch sofort nach dem Umzug
mit der Arbeit als Lokführer und Mechaniker bei Muschongs
Privatbahn. In Busiasch gründete er seine Familie (Foto) und
später legte mein Vater auch eine Prüfung zur
Qualifizierung als Lokführer ab.
V. Ivãnescu: Was geschah mit
ihrem Vater und der Lok „Etelka“ nach der
Nationalisierung von 1948?
Ioan Lazãr: Muschongs
Privatbahn ging in den Besitz der Rumänischen Staatsbahn CFR
über. Die Lok „Etelka“ war noch bis in die
50’ er Jahre auf der Strecke Busiasch - Kurbad im Einsatz,
allerdings mit Personal der CFR.
Mein Vater arbeitete dann nicht mehr als Lokführer. Er ist
1962 in Ruhestand getreten.
Petru Lazãr mit Ehefrau und Kindern, 1929 auf einer Bank neben der Wandelbahn im Busiascher Kurpark. Der Junge neben dem Vater ist Ioan Lazãr. Petru Lazãr hatte noch einen zweiten Sohn, der aber zu dieser Zeit vermutlich noch nicht geboren war. - Sammlung Ioan Lazãr - |
Kommentar zum Interview:
Nach den Angaben von Ioan Lazãr ist es immer
wahrscheinlicher, dass die Lok „Etelka“ erst 1923
in Busiasch eingesetzt wurde. Die Strecke könnte allerdings
schon früher fertig gewesen sein (s. auch Interview mit Josef
Molnar).
Interview mit Herrn Josef Molnar
von Valentin Ivãnescu
Herr Molnar ist 1932 geboren, lebt heute in
Busiasch und interessiert sich fieberhaft für die
„Kleine Bahn“. Das Gespräch verlief in
einem angenehmen Rahmen wie unter Eisenbahnfreunden.
V. Ivãnescu:
Was wissen Sie über den Bau der Privatstrecke vom Busiascher
Bahnhof bis zum Kurpark?
J. Molnar: Über den Baubeginn der
Privatstrecke kann ich Ihnen keine genauen Daten nennen. Ich
weiß jedoch, dass der Bau der Strecke sich über
mehrere Jahre hindurch gezogen hatte. Muschong hat in relativ kurzen
Zeitabständen mehrere Bauprojekte gehabt: Das Phönix
Bad, die Mineralwasser Fabrik, Hotels und andere Badeetablissements.
Diese Baustellen haben eine Menge Geld verschlungen und deswegen ging
der Bau der Strecke nur schleppend voran.
V. Ivãnescu: Wann hat aus Ihrer
Sicht, die Inbetriebnahme der Bahnstrecke stattgefunden?
J. Molnar: Ich denke die Strecke wurde
erst 1923 für die Beförderung von Personen
freigegeben.
V. Ivãnescu: Was ist 1922
passiert? Erzählen Sie uns darüber.
J. Molnar: 1922 war das Jahr in dem
Busiasch von einem leichten Erdbeben heimgesucht wurde. Der
unterirdische Mineralwasserpegel war wegen der Erschütterungen
beeinträchtigt und sämtliche Mineralquellen
hörten auf zu sprudeln. Muschong sah plötzlich seine
ganzen Investitionen als gefährdet an.
Nach ein paar Tagen hat sich aber die Lage entspannt und die Quellen
sind wieder „zum Leben erwacht“.
V. Ivãnescu: Wir haben hier ein
Bild von 1922. Was können Sie uns darüber
erzählen?
J. Molnar: Dieses Bild zeigt den Erfolg
bei der Bohrung einer neuen Mineralquelle nach dem Erdbeben. Das
Mineralwasser sprudelte selbständig aus der Erde wie 19 Jahre
zuvor die St. Anton Quelle. Aus dieser Quelle sollte die Fabrik,
Mineralwasser fördern. Nach kurzer Zeit ist sie aber
eingestürzt (versandet) und wurde somit wegen Unbrauchbarkeit
aufgegeben. Für die Fabrik wurden dann später andere
Mineralquellen gebohrt, die zum Teil heute sogar noch
funktionsfähig sind.
V. Ivãnescu: Neben der neu
gebohrten Quelle ist aber schon ein Bahnbetrieb zu erkennen. Wie ist
das zu verstehen?
J. Molnar: Es ist hier vermutlich die
Baustelle an der heranwachsenden Strecke zu sehen. Im Vordergrund sehen
wir das Garagengleis zur Fabrik. Auf dem Hauptgleis im Hintergrund sind
Güterwaggons zu erkennen und dazwischen gestapeltes Holz. Das
Gleis zum Bahnsteig und das Nebengleis zum Lokschuppen waren zu dieser
Zeit noch nicht verlegt. Vermutlich gab es noch gar keinen Bahnhof
für Personenbeförderung, sondern nur
Gütertransport zwischen Fabrik und Bahnhof.
1922.
Eine neu gebohrte Mineralquelle. Im Vordergrund
das Garagengleis zur Fabrik, links das Phönix Bad. Die Personen auf dem Bild sind uns leider nicht bekannt. - Sammlung Josef Molnar - |
V. Ivãnescu: Wozu
brauchte man das viele Holz?
J. Molnar: Möglicherweise war es
kein Brennholz, sondern es handelte sich um gestapelte Bahnschwellen
für die noch zu bauenden Gleise. Es könnte aber auch
Brennholz gewesen sein, da das Kesselhaus des Phönix-Bades und
die Dampflokomotive mit Holz geheizt wurden.
V. Ivãnescu:
Gab es damals schon die „Etelka“?
J. Molnar: Möglicherweise. Im
Bild ist sie nicht zu sehen, aber das viele Holz (Brennholz) zwischen
den Gleisen, könnte auf einen Dampflokbetrieb hindeuten.
V. Ivãnescu: Was wissen Sie
über die Ersatzlokomotive „George“?
J. Molnar: „George“
war eine Motorlokomotive und funktionierte mit Schwerbenzin. In den
kalten Jahreszeiten war „George“ schneller
Betriebsbereit als „Etelka“, die wegen der
Kälte einen zu hohen Wärmeverlust hatte.
„George“ sah nicht wie eine Lokomotive aus, sondern
hatte eher Ähnlichkeit mit einem Panzerfahrzeug. Er war
hässlich und laut, aber wirtschaftlich
Kommentar zum Interview:
Die Bahnstrecke Busiasch Kurpark wurde offensichtlich vor 1923 fertig
gestellt. Was für ein Bahnbetrieb vor 1923 statt gefunden
haben soll, und mit was für einer Lok, ist uns leider noch
unbekannt. Sehr wahrscheinlich ist aber, dass Muschong seine Produktion
von CO2 auf dem Bahnweg schon vor 1921 vermarktet haben könnte.
Die
CO2 Abfüllanlage von Jakob Muschong um 1921
- Sammlung Adalbert Weigang - |
Ein Bild von Herrn Adalbert Weigang zeigt uns, dass die abgefüllte Menge an CO2 Flaschen zu dieser Zeit schon beträchtlich war.
Interview
mit Frau Margarethe Hauer
von Valentin Ivãnescu
Am 31. August 2002 fand ein angenehmes Gespräch mit Frau
Margarethe Hauer (geborene Dietz) statt. Die 92 jährige Frau
ist eine begeisterte Sammlerin von Postkarten, Bildern und
Informationsmaterial über Altbusiasch, obwohl sie die
längste Zeit ihres Lebens in Hunedoara verbracht hat. Frau
Hauer war sehr gastfreundlich und entgegenkommend.
V. Ivãnescu: Wann ist ihrer Meinung nach die
Dampflok „Etelka“ nach Busiasch gebracht worden?
M. Hauer: „Etelka“ ist
von Debreczin (Ungarn) um 1919 oder 1920 gebracht worden. Der erste
Lockführer auf der „Etelka“ war in
Busiasch Johann Berger, ein gebürtiger Deutscher aus Nadrag.
Berger hatte sich in Busiasch niedergelassen und arbeitete für
Muschong bis 1929.
V. Ivãnescu: Was denken sie
wann hat Jakob Muschong die Strecke für seine Privatbahn zum
Kurpark gebaut und wie lange haben die Bauarbeiten gedauert?
M. Hauer: Die Bahnstrecke ist sehr schnell
entstanden. Der Baubeginn war auf jeden Fall nach 1917 und die
Fertigstellung im Jahre 1920, oder möglicherweise schon
vorher. Jakob Muschong hatte zu dieser Zeit genügend
finanzielle Mittel und konnte sich so eine Investition in jedem Fall
leisten. Muschong, wie auch sein Schwiegersohn Elemér
Patyánszky waren zwei sehr geschickte und ausgesprochen
fleißige Männer. Sie legten auch selbst Hand an, so
oft es nötig war.
V. Ivãnescu: Was
können sie uns über die Motorlokomotive
„George“ sagen?
M. Hauer: Die Motorlokomotive trug zuerst
den Spitznamen „Otto“, erst später wurde
die Lok von der Bevölkerung „George“
genannt. Den genauen Grund dafür kenne ich nicht.
V. Ivãnescu: Sagen sie uns
vielleicht ein paar Worte über die Beförderung der
Kur- und Badegäste von und zum Busiascher Bahnhof, bevor
Muschong seine Privatbahn gebaut hatte.
M. Hauer: Ich erinnere mich, als ich noch
ein Kind war (vielleicht 10 Jahre alt), dass es als Transportmittel
neben den Fiakern auch noch einen Omnibus für die
Kurgäste gab. Dieser hatte etwa zehn Sitzplätze und
wurde von zwei Pferde gezogen. Im Kurpark hatte der Omnibus seine
Haltestelle beim Grand Hotel. Die Garage dieses Transportmittels war an
jener Stelle, an der sich bis in die 70’ er Jahre die
Werkstätten des Heil- und Kurbadbetriebes befanden.
V. Ivãnescu: Außer
der normalen Strecke der „Kleinen Bahn“ gab es ja
auch noch die Schmalspurstrecke (Decauville) zwischen der Fabrik und
Kesselhaus des Phönixbades. Können sie uns dazu etwas
sagen?
M. Hauer: Dazu kenne ich keine
Einzelheiten, aber es gab schon lange Zeit vor der Muschong Bahn eine
andere kleine Schmalspurstrecke. Und zwar in der alten Mineralwasser
Abfüllanlage. Diese befand sich in Verlängerung der
Wandelbahn an jener Stelle, an der sich heute das Muschong Hotel
befindet. Auf dieser Schmalspurstrecke transportierten die Arbeiter
leere und volle Mineralwasserflaschen auf einem Kleinwagen.
-
Sammlung Adalbert Weigang -
|
V. Ivãnescu:
Beschreiben sie uns doch bitte dieses sagenhafte Bild das sie uns zur
Verfügung gestellt haben?
M. Hauer: Das Bild wurde am 10. August
1939 gemacht und zeigt meinen Sohn vor der Dampflok
„Etelka“, die mit ihrem Zug am kleinen Bahnhof im
Kurpark abfahrbereit steht. Der Weg über die Schienen im
Hintergrund war damals der Eingang zum Kurpark. Zu dieser Zeit gab es
auch auf der rechten Seite der Strecke einen gepflasterten Bahnsteig.
Die Personen rechts im Bild sind unbekannte Fahrgäste.
-
Sammlung Margarethe Hauer -
|
Kommentar zum Interview:
Offensichtlich waren die zwei Lokführer Berger und Lazar
Arbeitskollegen.
Interview mit Herrn Ion Boldureanu
von Valentin Ivãnescu
Der ehemalige Mitarbeiter der Rumänischen
Staatsbahn CFR zeigte sich sehr entgegenkommend und bereitwillig, uns
Wissen und Bilder über die „Kleine Bahn“
bereit zu stellen. Herr Boldureanu empfahl uns auch andere ehemalige
Arbeitskollegen, die an der „Kleinen Bahn“ Dienst
geleistet hatten.
V. Ivãnescu: Wie lange waren
Sie denn bei der „Kleinen Bahn“ tätig?
I. Boldureanu: Ich wurde als Vertretung
für Urlaub und Krankheitsfälle über einen
Zeitraum von zwei Jahren nach Busiasch zur „Kleinen
Bahn“ versetzt. Mein täglicher Einsatz war sonst als
Personenzugbegleiter auf der Strecke Temesvar – Busiasch
– Lugosch.
V. Ivãnescu: Auf welcher Art
von Transportmittel leisteten sie Dienst bei der „Kleinen
Bahn“?
I. Boldureanu: Als ich zur
„Kleinen Bahn“ kam, waren schon die grünen
Triebwägen im Einsatz.
V. Ivãnescu: Wie wurden am
Bahnhof im Kurpark die Rangierarbeiten der Güterwaggons
für die „Apemin“ durchgeführt?
I. Boldureanu: Die Rangierarbeit war in
der Regel Aufgabe einer Dampflok die ziemlich
unregelmäßig vom Busiascher Bahnhof leere
Güterwaggons brachte bzw. beladene wieder abholte. Das Bild
zeigt die „Kleine Bahn“ in den 60’er
Jahre, auf Gleis 2 des Busiascher Bahnhofs.
Im
Vordergrund die zwei Schaffner Ion Boldureanu (rechts)
und Nicolae Berariu (links), in der Mitte, der Wagenführer Liuba. - Sammlung Ion Boldureanu - |
Wenn der Dampfzug länger auf sich warten
ließ, hatten wir ausnahmsweise Güterwaggons
rangiert, obwohl diese Arbeit unserem Triebwagen ganz schön zu
schaffen gemacht hatte. Die „Apemin“ war praktisch
auf uns angewiesen, weil sie damals noch keine eigene Lok hatte.
V. Ivãnescu: Gab es im Laufe
ihrer Dienstzeit vielleicht irgendwelche Ereignisse mit der
„Kleinen Bahn“?
I. Boldureanu: Bahnereignisse als solche
gab es keine. Abenteuer dagegen, jede Menge. Das Rangieren der
beladenen Waggons mit dem Triebwagen als Zuglok, war jedes Mal ein
Abenteuer. Zum Glück ist nie etwas passiert.
V. Ivãnescu: Wenn die
Arbeitsschicht über Nacht ging, wo hat das Personal der
„Kleinen Bahn“ die Nacht verbracht?
I. Boldureanu: Das
Bahnhofsgebäude im Kurpark hatte auch zwei
Schlafräume: Einen für die Zugbegleitung (Schaffner)
und einen für den Mechaniker (Wagenführer).
V. Ivãnescu: Wie war es mit dem
Steuern des Triebwagens? Das dürfte doch nicht so schwierig
gewesen sein?
I. Boldureanu: Das Steuern des Triebwagens
war unter Umständen noch einfacher als mit einem Traktor zu
fahren. Es gab einen Gashebel, Bremse, Kupplung, ein Getriebe mit vier
Fahrstufen und anstatt Rückwärtsgang gab es einen
Richtungswechsler (Umkehrgetriebe).
V. Ivãnescu: Hatten sie schon mal Gelegenheit
den Triebwagen zu fahren?
I. Boldureanu: Das war keine Gelegenheit,
sondern fast ein Muss. Als mein Mechaniker abends ein oder zwei
Gläser zu viel Silascher Wein getrunken hatte und morgens
deswegen nicht aufwachen konnte, gab es für mich keine
große Auswahl. Ich hatte mir den
„berauschten“ Wagenführer geschnappt, ihn
auf eine Sitzbank im Triebwagen gelegt, in der Hoffnung, dass er bald
wieder fit sein würde. Ich startete den Triebwagen ca. 10
Minuten vor der Abfahrt damit der Motor seine Betriebstemperatur
erreicht und bin dann pünktlich, schön langsam mit
der „Kleinen Bahn“ in Richtung Bahnhof abgefahren.
Am Bahnhof angekommen, hat es kein Mensch interessiert ob alles
vorschriftsgemäß ablief. Als die anderen
Wagenführer herausfanden, dass es einen „Notfall
Wagenführer“ gab, wiederholten sich die Alkohol
Seitensprünge. Das Gesetz, das den Alkoholgenuss
während der Arbeitszeit verbietet, ist erst nach dem
Zugunglück von 1968 in Kraft getreten.
V. Ivãnescu: Erzählen sie uns bitte
über das Zugunglück?
I. Boldureanu: Ein Schnellzug, gezogen von
einer Diesellok der Baureihe 060-DA, ist auf der Hauptstrecke (300)
Bucerdea – Crãciunel mit einem voll beladenem
Personenzug, gezogen von einer Dampflok der ungarischen Baureihe
324.000, zusammengestoßen. Es gab sehr viele Tote und
Verletzte. Das Gesetz gegen den Genuss von Alkohol am Arbeitsplatz
wurde unmittelbar danach vom Rumänischen Staat erlassen.
Vermutlich war da auch Alkohol im Spiel.